Haushaltsrede 2025


Werte Herren Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, 

Der vorgelegte Haushalt, eingebracht durch Herrn Oberbürgermeister Tralmer, zeigt uns zweierlei: Die Notwendigkeit, klare Prioritäten zu setzen, und die Chance, mutige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Es ist ein Sparhaushalt, und doch der investitionsreichste, den Albstadt je gesehen hat. Ein Haushalt, der noch Wachstum ermöglicht, ohne den Stillstand zu riskieren. Doch er ist auch ein Spiegel unserer Herausforderungen.

So wissen wir zum Beispiel: 

Die Ansiedlung weiterer Gewerbe ist wichtig für die Entwicklung Albstadts. Aber bei Hirnau und der sogenannten 1G1-Lösung zeigt sich, was passiert, wenn Wunschdenken auf die harte Realität trifft:  

Die Erschließung ist nicht finanzierbar, und die Verknüpfung von Gewerbegebiet und Ortsumfahrung war noch nie eine tragfähige Idee. Das wissen heute viele – und es ist an der Zeit, auch aus diesem Beispiel die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Richtige Schlüsse ziehen und mutig sein.

„Mut zur Vielfalt in der Gemeinsamkeit“ – das ist nicht nur ein Schlagwort, es ist unser Kompass. Die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger mindestens zu erhalten, möglichst zu verbessern, muss unser oberstes Ziel sein. Und Lebensqualität heißt mehr als nur wirtschaftliches Wachstum oder Wohlstand. Sie bedeutet Bildung, Kultur, Teilhabe, eine intakte Umwelt, eine funktionierende Infrastruktur und sozialer Zusammenhalt.

Der Weg dahin erfordert Mut. Mut, die Zeitenwende anzupacken. Mut, uns auf das Allernotwendigste zu beschränken, um langfristig Stabilität zu schaffen. Diesen Mut hatte und hat die Fraktion der Grünen.

Zunächst werde ich unsere Probleme nochmal klar benennen:

Unsere Infrastruktur, sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau, zeigt deutliche Schwächen, welche im wesentlichen zwei Ursachen haben:

  1. Verfall und Vernachlässigung statt Werterhalt und Funktionserhalt
    Die Beispiele Thalia, Friedhofskapelle oder Zollern-Alb-Halle sprechen eine ebenso deutliche Sprache wie die Kirchgrabenschule, die Mazmannhalle und dutzende weitere städtische Gebäude und Liegenschaften.
  2. Überkapazitäten wie z.B. bei den Fußball-Rasenplätzen, entstanden durch das Prinzip der Gießkanne oder bei einer für die heutigen Anforderungen überdimensioniertes Abwassersystem einschließlich Kläranlage.
    Die Anpassungen an die tatsächlichen Bedarfe, welche nicht anhand der Ist-Situation, sondern auf Basis der Ziel Szenarien zu ermitteln sind, stehen aus.

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie uns auf die hieraus resultierenden Zahlen blicken:
1,3 Milliarden Euro, eine Summe, die die Vorstellungskraft vieler von uns sprengt, so groß ist unser Investitionsstau mit Konsequenzen.

Un diese Summe von 1,3 Milliarden Euro ist nicht einfach eine Bilanzierung. Sie ist der Preis für die jahrelangen Versäumnisse. Versäumnisse im Werterhalt, im Funktionserhalt, im Umgang mit unserer Infrastruktur.

Vermeintlich spontan kommen die Konsequenzen dieses Investitionsstaus ans Licht und bescheren uns einerseits Totalausfälle und reißen andererseits Löcher von gigantischer Größe in den Haushalt, wenn wie z.B. bei der Kirchgrabenschule ein Totalausfall keine Option sein kann.

Es ist völlig klar: Albstadt kann in den kommenden 15 Jahren keine 1,3 Mrd investieren. Realistisch machbar erscheint den Experten allenfalls ⅓ der Gesamtsumme, d.h. ⅔ fallen weg oder verschieben sich auf später.

Manches kann in der Tat gestrichen oder verschoben werden – bei den Klimawandelfolgen ist Zeit im sprichtwörtichen Sinnen Geld: Je länger wir warten, desto teurer wird es auch für Albstadt werden.

Die Last der Klimaanpassung

Für ganz Deutschland beziffert sich die Anpassung an den Klimawandel auf 280 bis 900 Milliarden Euro – eine gewaltige Spannbreite. Runtergerechnet auf Albstadt bedeutet das: bis 2050 jährlich zwischen 7 und 22,5 Millionen Euro.
Das ist mehr als eine Zahl. Es ist ein Weckruf.

Diese Beträge fallen nicht allein in den städtischen Haushalt. Natürlich tragen Wirtschaft und private Haushalte einen wesentlichen Teil. Aber machen wir uns nichts vor: Diese Summen werden die Zukunft unserer Haushaltsplanung bestimmen.

Klimaanpassung ist keine abstrakte Aufgabe für andere. Sie betrifft unser Straßenpflaster, unsere Schulgebäude und Kitas, unsere Zentren. Und sie betrifft direkt die Lebensqualität der Menschen in Albstadt.

Die Dimensionen dieser Herausforderung gleichen einer Flutwelle, die sich am Horizont als unausweichliche Realität abzeichnet. Und während diese Welle langsam näher kommt, stehen wir vor der Entscheidung: Warten wir ab und hoffen auf ein Wunder, oder bauen wir heute die Dämme, die uns morgen schützen können?


Wir brauchen den Mut zur Veränderung und wir müssen Prioritäten setzen

Was brauchen wir wirklich?
Das ist die Frage, die wir uns wieder und wieder stellen müssen. Nicht, was wir gerne hätten, sondern was absolut notwendig ist, um unsere Stadt zukunftssicher zu machen.

  1. Weglassen, was nicht gebraucht wird
    Wir müssen den Mut haben, liebgewonnene, aber überflüssige Projekte loszulassen. Die Zukunft ist kein Wunschkonzert – sie ist ein Arbeitsauftrag (GBO). 
  2. Bildung, Kultur und Soziales als Grundlage: Schulen und Kindergärten sind keine Ausgaben, sondern Investitionen in die Zukunft. An dieser Stelle haben wir auch keine Wahl, sondern Verpflichtungen.
  3. Anpacken, was dringend ist
    Wir dürfen die Klimaanpassung nicht als Belastung sehen, sondern als Chance. Eine Chance, Albstadt resilienter, lebenswerter und moderner zu machen.
  4. Nachhaltigkeit als Leitmotiv: Von Entsiegelungen bis zu klimaneutraler Mobilität – das sind keine Trends, sondern Überlebensstrategien.
  5.  Gemeinschaft als Stärke: Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen stemmen. Vielfalt in der Gemeinsamkeit ist unser Schlüssel.
     

Die Gemeinsamkeit, der sozialen Zusammenhalt, das gute Miteinander, Bildung und Erziehung, Kultur und Sport, eine intakte Umwelt und artenreiches Leben sind für die GRÜNEN ALBSTADT zentrale Werte.

Auch im Haushalt 2025 haben wir diesbezügliche Spuren zeichnen können und können diesem daher zustimmen. Unser Dank geht an die Mitdenker, Lenker und Macher*innen, wegen denen der Haushalt 2025 so ist wie er ist und ein besonderes Dankeschön geht an das Team der Kämmerei unter der Leitung von Frau Michaela Wild.

Für die kommenden Haushaltsdebatten 2026, 2027 und Folgende wird uns die Losung “Soziales statt Stahlbeton” leiten und hoffentlich priorisieren nicht nur wir gemäß diesem Maßstab.

Vielen Dank.


Markus Ringle
Für Bündnis 90/Die Grünen im Gemeinderat AlbstadtEs gilt das gesprochene Wort



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